Die göttliche Shakti
Der Begriff der Shakti ('Kraft') ist im Hinduismus vieldefiniert, da er auf mehrere Ebenen angewendet wird.
Im tantrischen Buddhismus hat jeder Buddha eine Art von Yogini - Shakti, was dort auch als Vereinigung von Mitleid und Weisheit angesehen wird. In der spirituellen Alchemie enthält der Rebis eine Art Shakti.
Im Hinduismus gibt es viele dunkle und lichte Erscheinungsformen der Shakti oder Schöpferkraft und ihres Anandas auf den darunterliegenden Ebenen. Die meistbeachteten Shaktis sind die Shaktis der Trimurti.
Die hinduistischen kosmischen Gottheiten im Bereich des Tapoloka haben oft mehrere tantrische Shaktis mit breitem Farbspektrum. Dunkle und schreckliche Gottheiten und Göttinnen wie UMA(Mutter des materiellen Universums), Durga, Kali und Kaalratri vermitteln für denjenigen, der ihren tantrisch-allegorischen Hintergrund nicht erkennt, einen zwielichtigen und auch widersprüchlichen Eindruck.
Darüber gibt es die umstrittene Parashakti bzw. die Adi-Parashakti, die im Trimurti - Hinduismus aber höchstens die Ebene des Satyaloka erreicht als Shakti des Ishvara bzw. der untersten Ebene des Parabrahman auf welcher der Hinduismus endet. Die Shaktis des im Vishnuismus umstrittenen Sadashiva sind noch darüber.
Im kashmirischen Shivaismus ist die Adi-Shakti mit der Shakti von Sada-Shiva und dessen Shaktis (cit, ananda, iccha, jnana, kriya) vergleichbar. Dort gibt es darüber hinaus noch eine höhere Parashakti, welche der Stufe 22 der Universellen Lehre entspricht, als Kraftaspekt des von Paramshiva ausgestrahlten primordialen Shiva, nicht zu verwechseln mit Maheshvara-Shiva im Ishvara-Tattwa und seiner Maheshvari.
"Es gibt noch andere grosse Persönlichkeiten der göttlichen Mutter... Die unentbehrlichste von allen für die übergeistige Verwirklichung ist die Persönlichkeit jener geheimnisvollen und mächtigen Ekstase, die einer höchsten göttlichen Liebe entströmt, das Ananda, das allein die Kluft zwischen den Höhen des übergeistigen Spirits und den tiefsten Abgründen der Materie heilen kann, des Ananda, das den wahren Schüssel eines wundervollen göttlichsten Lebens besitzt und selbst jetzt aus seiner Heimlichkeit das Wirken aller anderen Mächte des Alls unterstützt." (Sri Aurobindo: Die Mutter, VI)
Die Eine, die wir als die MUTTER verehren, ist die göttliche Bewusstseinskraft, die alle Existenz beherrscht, in sich eins und doch so vielfältig, daß es auch für den schnellsten Geist und für die freiste und größte Intelligenz unmöglich ist ihrer Bewegung zu folgen.(Sri Aurobindo, Die Mutter)
Die vier Aspekte der DEVI im Trimurti-Bereich werden als vier Göttinnen angesehen :
☼ Maheshvari (Bija - Mantra : Iim : Weisheit, Güte, Mitgefühl und überragende kosmische Größe). Sie ist die Devi des shaktistischen Devi Bhagavatam Purana und die Shakti des Ishvara oberhalb der Trimurti.
Hoheitlich thront MAHESCHWARI in der weite über dem denkenden Geist und Willen und verfeinert und erhöht sie zu Weisheit und Größe oder überflutet sie mit jenseitiger Herrlichkeit. Denn sie ist die Mächtige und Weise, die uns öffnet für die übergeistigen Unendlichkeiten und die kosmische Weite, für die Großartigkeit des höchsten Lichts, für ein schatzhaus fabelhaften Wissens und die unermeßliche Bewegung der ewigen Kräfte der Mutter.
Ruhevoll ist sie und wunderbar, groß und still für immer. Nichts kann sie erregen, denn alle Weisheit ist in ihr; nichts bleibt ihr verborgen, was sie zu wissen wünscht; sie begreift alle Dinge und alle Wesen und deren Natur und was sie bewegt, und das Gesetz der Welt und deren Zeiten, und wie alles war und ist und sein muß.
Eine Stärke ist in ihr, die allem begegnet und alles meistert, und niemand kann am Ende gegen ihre weite unfaßbare Weisheit und hohe ruhige Macht die Oberhand behalten. Gleichmütig, geduldig und unwandelbar in ihrem Willen, verfährt sie mit den Menschen nach deren Natur und mit Dingen und Geschehnissen nach deren Kraft und der Wahrheit, die in ihnen wohnt.
Parteilichkeit kennt sie nicht, sondern sie folgt den Beschlüssen des Höchsten, und einige erhebt sie, andere wirft sie nieder oder weist sie von sich in die Dunkelheit. ☼ 'Die Mutter' als PDF
Darunter sind im Breich der Trimurti :
☼ Mahakali (Bija - Mantra : Krim; Farbe : hellblau ; Stärke, Kraft der Aspiration, Leidenschaft, Willenskraft und weltbewegende Macht), die auch zu den Mahavidyas gezählt wird. Ihr Komplement ist der blaue Bhairava. (Parvati ist die tantrische Shakti von Shiva).
☼ Mahalaksmi (Bija - Mantra : Shrim ; Schönheit, Harmonie, Anmut, süßer Reichtum) - Vishnu
☼ Mahasaraswati (Bija - Mantra : (H)Aim; Wissen, Weisheit, Arbeit, Ordnung, Vollkommenheit der Ausführung der Dinge - Shakti von Brahma
- Mahakali : Ihr Wesen ist die sofortige Verwirklichung. Sie ist der Krieger der Welt. Der Starke liebt sie und der Schwache fürchtet sie. Sie ist die Lehrerin, deren Mittel auch notfalls der Schmerz ist.
- Mahakali (Kali ma, hellblau) ist also nicht die furchtbare dunkle Maya - Kali, oder die Raatri - Kali, die allegorische Blutopfer fordert, und sie ist nicht mit verschiedenen dunklen Maya-Gottheiten der buddhischen Ebene zu verwechseln, auch wenn sie eine den stofflichen Kräften allegorisch nahestehende Kraft ist.
'Jeder Planet hat seine eigene Kali [d.h. Kala-Kali], eine schrecklicher als die andere", sagte die Mutter.
Die dunkle Kali wird auch als eine Verkörperung des Zornes von Durga angesehen, hat aber meistens eine allegorische Bedeutung. Die obige hellblaue Mahakali ist also nicht ein Aspekt der Maya.
☼ Sri Aurobindo hat diesem Thema das kleine Büchlein "Die Mutter(PDF)"(The Mother) veröffentlicht.
Nach Sri Aurobindo u.a. unterstehen die unteren Welten dem Atman, dem Licht des Göttlichen, der als individueller Purusha zur Schöpfung beiträgt.
Aus dem Zusammentreffen des Atman mit der Maya(Mula-Prakriti) entsteht im kashmirischen Shivaismus die Kalaa-Kanchuka, d.h. die Mächte des "Kal" bzw. der Zeit und der Vergänglichkeit (u.a. auch Maheshvara's Kala-Mahakala) und das kurzlebige Anu - Teilchen.
Sri Aurobindo bezeichnet Krishna als das göttliche kosmische Ananda. Dieser hatte nach der Überlieferung vier Hauptfrauen und 12 Nebenfrauen(dazu auch das obige Mandala). Die 'Mutter' bezeichnete Sri Krishna als die kosmische göttliche Anziehungskraft. Er ist auch das 'göttliche' Kind der Samadhistufe, das die daher viel ältere transformierte Prana-Kundalini Radha als Gefährtin hat.
Die göttliche Liebe ist ein Aspekt des Ananda :
"Die dem Göttlichen zugewandte Liebe sollte nicht das übliche vitale Gefühl sein, dem die Menschen diesen Namen geben. Jenes ist nicht die Liebe sondern nur eine vitale Begierde, ein Aneignungsinstinkt, der Trieb zu besitzen und zu monopolisieren.
Nicht nur ist dies nicht die Göttliche Liebe, sondern es sollte ihm auch nicht die geringste Einmengung in den Yoga gestattet werden. Die wahre Liebe zum Göttlichen ist eine Selbsthingabe, frei von Anspruch, voller Unterwerfung und Hingebung. Sie fordert nichts, auferlegt keine Bedingung, schliesst keinen Handel, ergibt sich nicht der Heftigkeit der Eifersucht, Überhebung oder Wut, denn diese Dinge sind nicht in ihr angelegt. Als Erwiederung übergibt sich die Göttliche Mutter ihrerseits, doch frei."
"Wenn das Vitale in die Liebe zum Göttlichen einstimmt, bringt es Heldenmut, Begeisterung, Eindringlichkeit, Unbedingtheit, Ausschliesslichkeit, den Geist der Aufopferung, die vollständige und leidenschaftliche Selbsthingabe der ganzen Natur. Die vitale Leidenschaft für das Göttliche ist es, die spirituelle Helden, Eroberer und Märtyrer schafft."
"Es ist ein Irrtum, zu glauben, das Vitale allein habe Wärme und das Seelische sei etwas Kaltes, ohne irgendeine Flamme in sich. Ein klares lauteres Wohlwollen ist eine sehr gute und wünschenswerte Sache. Doch das ist nicht mit seelischer Liebe gemneint. Liebe ist Liebe, und nicht bloss Wohlwollen.
Seelische Liebe kann eine ebenso eindringliche und noch eindringlichere Wärme und Flamme haben als das Vitale, nur ist sie ein reines Feuer, nicht abhängig von der Befriedigung der Ich-Begierde oder vom Aufzehren des Brennstoffs, den es umfängt. Sie ist eine weisse Flamme, keine rote. Doch steht weisse Hitze der roten an Glut nicht nach. Es ist wahr, dass die seelische Liebe in menschlichen Beziehungen und menschlicher Natur gewöhnlich keinen freien Spielraum gewinnt. sie findet die Fülle ihres Feuers und ihre Ekstase leichter, wenn sie dem Göttlichen entgegengehoben wird. (Sri Aurobindo, On Yoga, II, Band I, Teil II, 7).
Schöpfungskraft
Ein Kraftaspekt der Shakti ist Mahamaya und in den niederen Welten die Maya :
Materie ist die Darstellung von Kraft, die für unsere Intelligenz am leichtesten vorstellbar ist, zumal sie durch Kontaktwirkungen in der Materie geprägt ist, auf die ein in ein materielles Gehirn involviertes Mental reagiert. Nach Auffassung der Physiker des Alten Indien ist der Elementarzustand materieller Kraft ein Zustand rein materieller Ausdehnung im Raum, deren besondere Eigentümlichkeit Vibration ist, die für uns durch das Phänomen von Klang typisiert wird. Vibration reicht aber in diesem Zustand von Äther nicht aus, um Formen zu erschaffen. Zuerst muß in der Strömung des Kraft-Ozeans ein Widerstand auftreten, ein Sich-Zusammenziehen und ein Sich-Ausdehnen, ein Wechselspiel von Vibrationen, ein Zusammenstoß von Kräften, um einen Anfang fester Beziehungen und gegenseitiger Wirkungen zu erschaffen. Wenn materielle Kraft ihren ersten ätherartigen Zustand verändert, nimmt sie einen zweiten, in der alten Sprache luftartig genannten, an, dessen besondere Eigentümlichkeit der Kontakt von Kraft zu Kraft ist, die Grundlage für alle materiellen Beziehungen. Wir haben jedoch noch keine wirklichen Formen, sondern nur variierende Kräfte.
Ein weiteres Prinzip ist nötig, das Dauer schafft. Es wird durch eine dritte Selbst-Abwandlung der ursprünglichen Kraft bewirkt, deren Prinzip von Licht, Elektrizität, Feuer und Wärme die für uns charakteristische Manifestation ist. Nun können wir zwar Formen von Kraft haben, die ihren eigenen Charakter und ihre besonderen Wirkensweisen bewahren, aber noch keine stabilen Formen von Materie sind. Ein vierter Zustand wird durch Ausbreitung im Raum und einen ersten Vermittlungsstoff für Dauerwirkungen von Anziehung und Abstoßung charakterisiert, der anschaulich mit Wasser oder mit flüssiger Zustand bezeichnet wird. Ein fünfter Zustand von Kohäsion, Erde oder fester Zustand genannt, vollendet die Zahl der erforderlichen Elemente.
Alle Formen von Materie, die wir wahrnehmen, alle physischen Dinge bis zu den allerfeinsten, werden durch Kombination dieser fünf Elemente aufgebaut. (Sri Aurobindo : das Göttliche Leben I, S. 100)
